Allgemeine Informationen: Die Risspilze (Inocyben) gehören zur Familie der Inocybaceae und zur Ordnung Agaricales. Die Gattung umfasst mehrere hundert Arten. Sie gehört zu den Braunsporern. Die Risspilze sind Ektomykorrhizapilze, die also in Symbiose mit Bäumen und anderen Pflanzen leben.

 

Die Inocyben werden oft ein wenig stiefmütterlich behandelt und als "LBMs" ("Little brown mushrooms") abgetan. Tatsächlich aber gibt es nicht nur braune Inocyben, sondern auch weiße (z.B. I. geophylla), gelbe (z.B. I. cookei), violette (I. violacea) und solche, die blaugrüne Farben im Stiel oder im Hut zeigen (z.B. I. haemacta). Wieder andere röten so stark, dass sie in bestimmten Stadien einheitlich rot sind (z.B. I. godeyi).

 

Viele Inocyben enthalten Muskarin in unterschiedlich hoher Konzentration und sind daher giftig.

 

Risspilze sind ingesamt sehr häufig und wachsen gern entlang von Wegrändern. Grundsätzlich lieben sie eher kalkhaltigen Boden als sauren, doch gibt es eine Reihe von Arten, die etwa im Moor wachsen.

 

Da sich Inocyben teilweise sehr ähnlich sehen, außerdem auch im Aussehen oft sehr variabel sind, lassen sich nur vergleichsweise wenige Arten direkt makroskopisch ansprechen (wie etwa I. erubescens oder I. cincinnata var. major). Mit ein wenig Übung lässt sich aber zumindest die "Gruppe" erkennen, zu der die jeweilige Inocybe gehört.

 

Grundsätzlich aber ist, schon um die eigene Einschätzung zu überprüfen, ein Mikroskop nötig, wenn man sich mit den Inocyben intensiver befassen möchte.

 

Was ist makroskopisch zu beachten?

  •  Zunächst einmal ist eine Verwechslung mit anderen Gattungen, wie vor allem den Fälblingen (Hebeloma), den Erlenschnitzlingen (Naucoria/Alnicola) und den Faserlingen (Psathyrella), zu vermeiden. Die Fälblinge riechen meist nach Rettich oder nach Kakao, was bei Risspilzen nicht der Fall ist. Die Erlenschnitzlinge wachsen in Trupps in sehr feuchtem Gelände und sind meist recht klein. Beide Gattungen haben warzige Sporen. Die Faserlinge haben meist einen sehr zerbrechlichen hohlen Stiel, was bei Inocyben eher selten der Fall ist.
  • Bei starkem Regen sollte man keine Inocyben sammeln, weil die Beschaffenheit der Hutoberfläche sehr wichtig ist: Ist sie glatt und/oder leicht klebrig, schuppig oder faserig oder rimos? Gibt es ein Velum in der Hutmitte, und welche Farbe hat es? Diese Details müssen notiert und fotografiert werden. Gleiches gilt natürlich für die Hutfarbe.
  • Für eine aussagekräftige Dokumentation müssen auf den Fotos die Hüte von oben und der Seite zu sehen sein, die Stiele in ganzer Länge sowie die Lamellen. Es sollte unbedingt auch ein Exemplar durchgeschnitten und ebenfalls fotografiert werden, denn die Farbe des Fleisches in der Stielbasis sowie ob der Stiel hohl ist oder nicht, sind wesentliche Schlüsselfragen v.a. bei den Mallocyben.
  • Unbedingt zu beachten ist, dass der Stiel so wenig wie möglich berührt wird, denn ein wesentliches Merkmal bei der Bestimmung ist, ob und wenn dann wie weit zur Basis hin der Stiel bereift ist. Wichtig ist, ob er auch im unteren Drittel unter der Lupe noch bereift ist. Doch Vorsicht: Es geht hierbei um metuloide Caulozstiden. Manch eine Inocybe weist eine "falsche Bereifung" auf, d.h. sie sieht aus wie gänzlich bereift, doch handelt es sich bei der näheren Untersuchung nur um hyphoide Elemente.
  • Ganz wesentlich ist auch, dass man Inocyben gänzlich, also mit vollständig intakter Stielbasis aus dem Boden holt. Man sollte notieren und fotografieren, ob die Basis gleich breit wie der restliche Stiel, verdickt, knollig oder gar gerandet knollig ist.
  • Die Farbe der Lamellen ist zu notieren und ob die Lamellenschneide weißlich ist oder die gleiche Farbe wie die Lamelle hat oder gar dunkler ist als diese.
  • Schließlich ist der Geruch ein nicht unwesentliches, allerdings zuweilen trügerisches Merkmal. Um den Geruch festzustellen, sollte man leicht über die Lamellen streichen und dann daran riechen.  Viele Inocyben riechen deutlich spermatisch, es gibt allerdings auch welche, die nach Honig (z.B. I. cookei), nach Wanzen (I. quietiodor), nach Pferdestall (I. haemacta) oder stark obstig-süßlich (z.B. I. fraudans) oder nach falschem Jasmin (I. bresadolae) riechen. Bei zu kaltem Wetter ist es schwer, den typischen Geruch festzustellen, und bei manchen Risspilzen entfaltet er  sich auch erst beim Antrocknen. Bei anderen wiederum ist der Geruch sehr flüchtig - und schließlich haben wir die Erfahrung gemacht, dass fünf Personen, die an einem Risspilz riechen, auch fünf verschiedene Angaben machten.  Gerüche benennen ist außerdem auch eine Übungssache.
  • Zu notieren sind auch die Begleitbäume.
  • Da ein einziges Exemplar in den meisten Fällen nicht aussagekräftig genug ist, empfiehlt es sich in jedem Fall, sich nur mit aus mehreren - jungen wie älteren - Fruchtkörpern bestehenden Kollektionen zu befassen. Die jungen sind u.a. wichtig, um festzustellen, ob es eine Cortina (Fäserchen, die den Hutrand mit dem Stiel verbinden) gibt und wenn, welche Farbe sie hat; die älteren aber zeigen meist erst die arttypische Hutbeschaffenheit.

 

 

Was ist mikroskopisch zu beachten?

  • Ganz wesentlich und am besten am frischen Pilz zu untersuchen, ist, wie oben gesagt, die Stielbereifung. Weist die Inocybe im unteren Stieldrittel dickwandige (metuloide) Zystiden auf oder nicht? Einzelne, im Präparat herumschwimmende Zystiden können von den Lamellen stammen und sind daher nicht aussagekräftig. Sichtbar sein müssen Zystidenbüschel, die noch am Stielfleisch hängen.
  • Ein Teil der Inocyben (Mallocyben und zur Sektion Inosperma gehörige Arten) haben keine Pleurozystiden (also Zystiden, die vom Lamelleninneren abgehen), sondern nur Cheilozystiden (also Zystiden, die von der Lamellenschneide abgehen). Diese Cheilozystiden sind auch nicht dickwandig und ohne Anfärbung zum Teil nicht leicht zu sehen, vor allem, wenn sie sehr kurz sind. Anfärben lässt sich das Präparat mit Kongorot, das aber giftig ist. Wir empfehlen daher Waterman-Tinte.
  • Für die Arten mit dickwandigen Zystiden ist wichtig, wie die Zystidenwände auf KOH (3% oder 5%) oder mit Ammoniak (10%) reagieren. Die Intensität der Färbung (grünlich-gelblich) ist bei manchen Arten ein wesentliches Merkmal. Hier ist es eine Übungssache, bis man weiß, ob die jeweilige Farbtönung nun intensiv oder eher schwach ist.
  • Die Form der Zystiden spielt ebenfalls eine wesentliche Rolle. Ist die Zystide also spindelförmig (fusiform) oder flaschenförmig (lageniform), zylindrisch oder keulig (clavat) oder beutelförmig (utriform) oder kopfig.
  • Ein Schlüsselmerkmal ist weiterhin die Form der Sporen und wie der Apex der Sporen im Durchschnitt geformt ist: stumpf, spitz oder ausgezogen und/oder dünner als die übrige Sporenwand. Die Sporen haben teilweise auch eine besonders dicke Wand (wie bei I. vulpinella) oder sind sehr hell (wie bei I. brevispora).
  • Schließlich ist auch die Frage, ob die Basidien zwei- oder viersporig sind, bei manchen Arten bzw. Varietäten von Belang. Eine gute Möglichkeit dafür ist, einen Kammschnitt direkt unter das Mikroskop zu legen: Mit einer Rasierklinge werden zwei dicht folgende Schneidebewegungen durch Lamellen und Hutfleisch ausgeführt, die einen dünnen Schnitt zur Folge haben, der wie ein Kamm aussieht. Dieser "Kamm", bei dem die Lamellen durch das Hutfleisch in Position gehalten werden, wird auf einen Objektträger gelegt. Die Beobachtung im Mikroskop geschieht am besten mit einem 20er-Objektiv ohne Wasser und ohne Deckglas.
  • Diese Maßnahme eignet sich auch hervorragend dazu, festzustellen, ob Pleurozystiden vorhanden sind oder nicht (wichtig z.B. bei I. leptophylla). Auch fallen dabei diejenigen Fälle auf, bei denen die Lamellen vergleichsweise nur wenige Pleurozystiden aufweisen.

 

Schlüssel

An wesentlichen Schlüsseln sind Stangl 1989, Kuyper 1986, Stangl & Enderle 1983, Horak 2005, Outen & Cullington 2011, Gminder 2010, Jacobsson & Larsson 2012 und Bon 1997-98 zu nennen.